Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich stundenlang im Zimmer sitzen, Musik hören und lesen konnte. Auch tagelang mit Freunden abzuhängen, fiel mir nicht sonderlich schwer. Ganz egal, was sonst zu tun wäre oder was für ein Tag gerade ist. Heute gibt es Tage, an denen ich mir keine 10 Minuten Zeit nehme, um zu entspannen, oder Tage, an denen ich mir die Zeit zwar nehme, aber trotzdem nicht entspannen kann. Und das obwohl ich weiss, wie elementar gute Entspannung wäre. Ich weiss, dass ich nicht allein bin mit diesem Problem und dass es vielen, die das jetzt lesen, ganz genau so geht. Nur warum fällt es uns so schwer, einmal nichts zu tun, durchzuatmen, einen kurzen Powernap zu machen oder auch mal einfach etwas zu lesen, was uns keinen offiziellen Nutzen bringt? Dieser Blogbeitrag beruht nicht auf Studien oder Büchern, sondern nur auf meinen persönlichen Gedanken. Gedanken, die ich mir zu dieser Frage gemacht habe.
Als Teenager wird zwar schon viel von uns gefordert, aber die Hormone haben uns noch fest im Griff und unsere Prioritäten sind oft noch nicht dort, wo viel Leistung gefordert wird. Je älter wir werden, desto mehr normalisiert sich alles und der Leistungsgedanke nimmt während des Erwachsenwerdens immer weiter zu. Wir wollen Erfolg im Job, genug Geld verdienen, eine*n Partner*in fürs Leben finden, gut aussehen, gesund sein, den Kontakt zu Freunden pflegen und so weiter und so fort. Der Höhepunkt wird vermutlich erreicht, wenn dann plötzlich eine Familie da ist. Jetzt hat man nicht mehr nur den Job, seine Freunde und evtl. den Partner, sondern auch noch Kinder, um die man sich kümmern soll. Dies ist zumindest in den ersten Jahren ein 24-Stunden Job. Trotzdem muss der Haushalt in Ordnung sein, das Geld muss verdient werden, Sport machen möchte man evtl. auch noch und Gäste einladen darf auch nicht zu kurz kommen. Mit “Zeit für sich” und “Entspannung” ist in dieser Phase des Lebens oft nicht zu rechnen. Wenn das Kind am Morgen um 5 Uhr mit einem ein Buch anschauen möchte, dann werden die wenigstens sich umdrehen und einfach weiterschlafen, nur weil man noch müde ist. Man lernt unglaubliche Leistungen zu vollbringen und kann das ein paar Jahre auch gut so durchstehen. Die Kinder nehmen ja auch nicht nur Energie, sondern geben einem auch wahnsinnig viel zurück. Trotzdem lässt sich diese unglaubliche Energie meistens nicht dauerhaft aufrechterhalten. Dazu kommt, dass sich mit zunehmendem Alter langsam die Hormone verändern und so wird es immer wichtiger, dass wir uns und unserem Körper auch Ruhe gönnen. In der Theorie ist das immer allen klar, aber in der Umsetzung hapert es trotzdem oft. Wieso fällt es uns oft so schwer zu entspannen?
Nach Jahren voller Aufgaben, wenig Pausen, 7 Tage die Woche oft nicht nur tagsüber, sondern auch nachts, wird der Moment kommen, wo man plötzlich mehr Zeit hätte. Die Kinder werden selbstständiger, sind ab und zu bei Freunden, gehen in den Kindergarten oder die Schule und beschäftigten sich öfters selbst. Oft wird diese Zeit umgehend genutzt, um mehr anderen Arbeiten nachzugehen. Sei es die Haushalt, ein neuer Job, mehr Prozente im alten Job, ein eigenes Business aufzubauen und so weiter und so fort. Das ist alles sehr verständlich, aber sobald die Kinder nicht mehr 24 Stunden am Tag über unseren Alltag bestimmen, könnten wir uns dann nicht 10 Minuten pro Tag nur für uns nehmen? Wieso finden wir trotzdem keine Zeit, um 10 Minuten zu entspannen? Ich bin der Meinung: weil wir es schlicht und einfach verlernt haben. Wir wurden so lange auf Leistung getrimmt, dass es sehr schwierig ist, etwas als wertvoll zu betrachten, was eigentlich nichts ist. Sich zu entspannen, ist nach aussen hin nicht produktiv. Der Gedanke kommt, dass man diese wertvolle Zeit doch sinnvoller nutzen könnte. Man hätte doch noch dies oder jenes zu tun. Denn ja, es gibt immer etwas zu tun. Ich bin sicher, praktisch niemandem in diesem Alter geht die Arbeit aus.
Da Entspannung und Stressreduktion für unsere Gesundheit, unsere Hormonbalance und unser Wohlbefinden von so wahnsinnig grosser Bedeutung ist, müssen wir dieser Zeit für uns eine viel grössere Bedeutung beimessen. Wir dürfen aktiv lernen, wie Entspannung funktioniert. Wie jede Gewohnheit, wird sich auch diese nicht von heute auf morgen wieder in unseren Alltag integrieren. Es ist wichtig herauszufinden, welche Entspannung für einem selber am Besten ist. Dies kann eine 10-minütige Meditation, ein paar Atemübungen, etwas lesen, einfach nichts tun, ein Powernap oder ein gemütlicher Spaziergang sein. Damit daraus eine Gewohnheit wird, empfehle ich zu Beginn diese Auszeit fix in den Tagesplan aufzunehmen. Eine reservierte Viertelstunde, die nicht verschoben werden darf. Machen Sie das täglich, wird es nach ca. 3 Wochen wie selbstverständlich zu Ihnen und Ihrem Alltag gehören.
Diese Zeit für Sie wird Ihnen gut tun, aber auch den Personen in Ihrem Umfeld. Probieren Sie es einfach aus, 10 Minuten sind ein perfekter Start!!
Ich habe mich in diesem Beitrag auf die Mütter konzentriert, auch wenn ich mir bewusst bin, dass dieses Phänomen auch viele Frauen ohne Kinder sowie Männer mit und ohne Kinder betrifft. Vielleicht sind die Gründe teilweise ein wenig anders, aber das Endresultat bleibt dasselbe.